Das verlassene Riesenrad in Prypiat, der nach Moskau reichsten Stadt der Sowjetunion.
«Tschernobyl» heisst der Fotoband von Alexander Hofmann.
Dem Schweizer Fotografen ist es nach hartem Kampf mit der Bürokratie
gelungen, an den Ort vorzudringen, wo
sich vor 30 Jahren die schlimmste Atomkatastrophe aller Zeiten ereignet hat.
Als Alexander Hofmann zwölf Jahre alt war, verboten ihm die Eltern eines Tages unverhofft, im Freien zu spielen. Dabei war es draussen frühlingshaft warm. Grund des Verbots war die Katastrophe von Tschernobyl. Am 26. April 1986 explodierte der Reaktor 4 des 140 Kilometer nördlich von Kiew gelegenen Atomkraftwerks. Eine radioaktive Wolke zog über Europa und sorgte zeitweise für Panik.
Über die genaue Anzahl der Opfer dieser Katastrophe herrscht bis heute grosse Unklarheit. Offizielle Stellen sprechen von 125 Toten. Das scheint indes lächerlich: 325’000 Menschen mussten umgesiedelt werden, ein Gebiet von 4300 Quadratkilometern zur Sperrzone erklärt werden.
Die Schätzung der Zahl von Opfer radioaktiver Strahlung reicht von 10'000 bis 1,7 Millionen. Gemäss der Weltgesundheitsorganisation sind 125’000 Liquidatoren, Aufräumarbeiter, schwer erkrankt.
Alexander Hofmann beschloss schon als zwölfjähriger Knirps, dereinst nach Tschernobyl zu fahren, um mit eigenen Augen zu sehen, was sich da ereignet hat. Er selbst nennt das eine «morbide Faszination».
Jahrzehnte später ist ihm dies gelungen. Nach einem jahrelangen Kampf gegen die Bürokratie und streng begleitet von Sicherheitspersonal durfte er Tschernobyl und die noch näher am Unglücksreaktor gelegene Stadt Prypjat besuchen und fotografieren. Beide sind heute unbewohnbar.
«Willkommen am Tor zur Hölle», sagte der Begleitoffizier zu Hofmann, als sie den ersten Checkpoint zur Sperrzone passierten. Was von der einstigen sowjetischen Vorzeigestadt Prypjat heute noch übrig geblieben ist, seht ihr in den folgenden Bildern.
Alexander Hofmann: «Tschernobyl», Stämpfli Verlag, 144 Seiten. 49.- Franken.
Eine einsame Sowjet-Flagge auf dem Platz, der einst das geistige und geographische Zentrum der Stadt war.
Spielsachen in einem Kindergarten.
Ein Resettler in seinem Haus.
Musikinstrumente in einem Kindergarten.
Das Geburtenbuch der Neugeborenenstation. Letzter Eintrag: 26. April 1986, der Tag der Katastrophe.
Eine Puppe mit Samthosenrock.
Eine Bäuerin, die zurückgekehrt ist.
Schachbrett in einem Patientenzimmer des Spitals.
(phl)