Präsident Trump und der demokratische Kandidat Joe Biden trafen sich zum ersten Mal zu einer Debatte. Es wurde die erwartete Katastrophe. Bild: keystone
In der Case-Western-Reserve-Universität in Cleveland trafen sich in der Nacht auf Mittwoch US-Präsident Donald Trump und sein demokratischer Herausforderer Joe Biden zu einer ersten TV-Debatte. Moderiert wurde der Schlagabtausch vom 72-jährigen Fox-News-Moderator Chris Wallace. Damit komplettierte er den Ü-70er-Club der weissen Männer, der über die Zukunft der Weltmacht debattierte.
Video: watson
Sechs Themen waren zuvor angekündigt worden. Sie stammten, wie auch die Fragen, aus der Feder des überraschend neutralen Chris Wallace:
Zur Überraschung streute Wallace noch ein siebtes Thema ein: den Klimawandel.
Gleich zu Beginn machte Präsident Trump klar, dass er sich nicht auf Diskussionen einlassen will. Er rief dazwischen, unterbrach und pöbelte wie ein ungehobelter Fussballfan in der hintersten Reihe. Die Taktik ging zu Beginn auf und Trump konnte verhindern, dass auch nur ansatzweise ein vernünftiges Gespräch entstand. Moderator Wallace hatte seine liebe Mühe, ihn im Zaum zu halten. 90 Minuten später nannte er die erste Debatte zynisch lachend eine «interessante Erfahrung». Andere waren weniger gnädig und glauben gar, dass Massnahmen gegen die «Gesprächskultur ergriffen werden müssen».
Experte Rich lowry bei NBC-News
Repräsentativ für die ersten chaotischen Minuten steht ein Schlagabtausch zwischen Chris Wallace und Donald Trump. Vereinbart war, dass jeder Kandidat zwei Minuten freie Redezeit erhielt. Danach wurde die Diskussion geöffnet – was sofort in einer verbalen Rauferei ausartete.
Video: YouTube/The Independent
Trump versuchte bis zum Schluss, die Niederschrei-Taktik aufrechtzuerhalten. Es gelang ihm zunehmend schlechter – trotzdem musste er auch kurz vor Schluss noch einmal ermahnt werden.
Obwohl die erste Debatte (wie erwartet) dem Zuschauer keine oder nur sehr marginale inhaltliche Aufklärung lieferte, war sie nicht frei von Highlights. Wir haben sie gesammelt:
Wer geglaubt hatte, dass Joe Biden aufgrund von Trumps Aggressivität in den Debatten untergehen würde, sah sich schnell eines Besseren belehrt. Biden teilte aus. Und wie:
Joe biden über Donald Trump
Joe Biden über Donald Trump
Beim ersten Mal war es noch kaum hörbar, beim zweiten Mal aber war es sehr eindeutig: Joe Biden nannte Präsident Trump einen Clown. Beim zweiten Mal entschuldigte er sich danach artig. Die Szene steht stellvertretend für die gesamte Art der Debatte: Biden versucht zu erklären, Trump unterbricht, Wallace versucht die Ordnung zu wahren.
Moderator Wallace musste ein bisschen lachen, als Trump schlagfertig Bidens Wahlkampfveranstaltungen lächerlich machte: «Er macht keine grossen Veranstaltungen, weil niemand auftauchen würde.»
Sich auf einen Bericht der «New York Times» beziehend, stellte Wallace die Frage, ob Donald Trump während zweier Jahre (2016 und 2017) nur 750 Dollar Einkommenssteuern bezahlte habe. Dieser widersprach.
Donald Trump auf die Frage, ob er 2016 und 2017 tatsächlich nur 750 Dollar Einkommenssteuer bezahlt habe.
Joe Biden wirkte verschiedentlich sprachlich nicht sehr gewandt. Als Kind stotterte er. Gut möglich, dass Trump mit seiner Aggressivität darauf abzielte, Bidens Sprachfähigkeit zu testen. Während Trump-Wähler Bidens Holperer als senil auslegen, glauben Demokraten, es handle sich dabei um Überbleibsel aus seiner Jugend.
«Joe Biden ist nicht dumm. Er stottert, um es deutlich zu sagen ... Ich glaube, Trump unterbricht ihn andauernd, um bei ihm das auzulösen. Weil er eine schlechte Person ist ....»
«Ich kriege Angst, wenn Biden über seine Wörter stolpert. Ich weiss, dass er stottert, aber ich weiss auch, dass das uminterpretiert werden wird.»
«Biden stotterte in meinen Augen zu wenig. Er muss definitiv auf Drogen sein.»
Joe Biden
Joe Biden zum Präsident der Vereinigten Staaten.
Als der Präsident aufgefordert wird, sich ganz klar von Rechtsextremen zu distanzieren, windet er sich ohne eindeutiges Zugeständnis aus der Situation heraus.
Was im Geplapper beinahe untergeht: Trump richtet sich direkt an die «Proud Boys» – die «stolzen Jungs». Das ist eine rechtsradikale und neofaschistische Gruppe, die Gewalt predigt. Er ermahnt sie, sich «bereit zu halten» – «stand by». Jemand müsse schliesslich «etwas gegen die Antifa unternehmen.» Deeskalation geht anders.
Fox-News-Moderator Chris Wallace ging erstaunlich hart mit dem Präsidenten ins Gericht. Und er erzwang ein Geständnis, das man so von Donald Trump noch nicht kannte.
Donald Trump über den Klimawandel
Beunruhigend sind Trumps Äusserungen zum Ausgang der Wahlen. Ein klares Vertrauensvotum zu den Instrumenten der amerikanischen Demokratie sind sie nicht. Und er weigert sich, seine Anhänger aufzufordern, friedlich zu bleiben.
Video: watson/een